Ökostrom gilt als Energiequelle der Zukunft. Dabei ist sie bereits heute wichtiger Teil unseres Energiemixes und günstiger, als viele glauben. Wir erklären, warum das der Fall ist und stellen die spannendsten neuen Technologien vor.
Die Anzeichen für einen globalen Klimawandel werden immer deutlicher. Das Thema ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen und das politische Ziel, diese Erwärmung zumindest in Grenzen zu halten, ist formuliert. Aber es muss nun auch umgesetzt werden. Zumindest, wenn wir bestimmte Orte der Welt nicht irgendwann einmal unter Wasser sehen wollen.
Die wenigsten sind jedoch bereit, auf den Komfort moderner Technologie zu verzichten. Und dafür benötigen wir Energie. Auch das Auto soll in der Vorstellung vieler bald ohne Verbrennungsmotor auskommen. Doch auch der Strom, der das Gefährt der Zukunft antreiben soll, muss irgendwo produziert werden. Am besten wäre natürlich, wenn wir alles über erneuerbare Energien machen könnten.
Ökostrom ist bereits heute wichtiger Teil des Energiemixes
Als Ökostrom gilt Energie, die zumindest zu einem gewissen Teil aus regenerativen Quellen erzeugt wird. Regenerative Energieträger haben den großen Vorteil, dass sie in ihrer natürlichen Form praktisch unendlich verfügbar sind. Im Gegensatz zu einem Kohlebergwerk ist der Wind nicht irgendwann einmal abgeschöpft. Er muss eben nur einmal wehen. In Deutschland werden zu diesen Stromquellen vor allem diejenigen gezählt, die aus Fotovoltaik- und Windkraftanlagen gespeist werden. Bereits 2018 war mehr als 40 Prozent der Energie in Deutschland von erneuerbarem Ökostrom. Im ersten Halbjahr 2019 lag der Anteil der erneuerbaren Energien an der öffentlichen Stromversorgung schon bei mehr als 47 Prozent. Das ist der Strommix, der tatsächlich an deiner Steckdose ankommt.
Ökostrom ist nicht teurer als konventioneller Strom
Tatsächlich ist Strom aus erneuerbaren Energien in vielerlei Hinsicht günstiger als der von den Konventionellen wie Atom oder Kohle. Bereits heute kann sich jeder Verbraucher für Ökostrom entscheiden. Und damit sogar sparen. Ökostromtarife können im Vergleich zu den Tarifen der Grundversorgerdeutlich günstiger sein. Öko ist nicht zwangsläufig teurer.
Auch in der Politik gelten die Kosten des Ökostroms noch immer als angeblich zu hoch. Das ist eine überholte Ansicht. So geht Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsförderung davon aus, dass Atomstrom billig gerechnet werde. Dagegen ist der Solarstrom heute so günstig, wie man es eigentlich erst 2050 für möglich gehalten hätte. Gerade Folgekosten wie die der Endlagerung von Atomabfällen, aber auch wie die der Renaturierung alter Kohlegruben, werden noch immer nicht in den Preis des konventionellen Stroms eingerechnet. Gerade diese Notwendigkeiten sind es aber, die der Gesellschaft am Ende schnell teuer zu stehen kommen.
Dazu kommen die gewaltigen Effizienzsteigerungen. Die Effizienz, mit der Solaranlagen die Energie der Sonne in Strom umwandeln können, wurde seit 2012 verdoppelt und liegt nun bei fast 30 Prozent. Gleichzeitig sinken die Preise für die Anlagen. Es sieht also bereits ganz gut aus: Die Marktwirtschaftlichkeit der grünen Technologien gilt als bewiesen.
Experten rechneten gerade vor, dass wir bis 2050 eine Verdoppelung des Anteils erneuerbarer Energien in unserem Energiemix haben könnten. Welche Technologien könnten es aber schaffen, dass wir den Wandel hin zu einer komplett regenerativen Energieversorgung hinbekommen? Wir stellen nun eine kleine Auswahl an Beispielen vor, die wir für interessant halten.
Die vielversprechendsten Energieträger der Zukunft
In der Zukunft der Energieerzeugung gibt es eine Reihe größerer Herausforderungen. Die regenerative Energieerzeugung ist auf dem Vormarsch. Ständig wächst der Anteil aus Solar – und Windenergie sowie anderen erneuerbaren Energien. Dennoch gibt es zwei große Probleme. Erstens fällt es diesen Kraftwerken naturgemäß schwer, konstant die gleiche Energiemenge zu erzielen. Zweitens geschieht das selten genau zu der Zeit, wenn wir sie brauchen.
Es benötigt also neue Speicherungslösungen und Möglichkeiten, die mitunter von kleinen Haushalten erzeugte Energie klug im Netz zu verteilen. Dort eben, wo sie gerade gebraucht wird. Man spricht bei diesem Trend von der Dezentralisierung des Energienetzes. Statt großer Atommeiler und Kohlekraftwerke werden wir es in Zukunft immer häufiger mit vielen Windparks aber eben auch Solaranlagen auf privaten Hausdächern zu tun haben.
Aber noch sind wir angewiesen auf die großen Kraftwerke. Welche Technologien könnten uns in Zukunft noch mit Energie aufladen?
Offshore-Windparks – Wind auf dem Wasser
Bereits heute sind es etwa 1.000 Windräder, die vor der deutschen Küste ihre Räder drehen und so gewaltige Mengen an Strom erzeugen. Der große Vorteil: Auf dem Meer stören die Windräder niemanden und der Wind weht viel stetiger als auf dem Lande. Mittlerweile sind zudem Anlagen in der Planung, die ohne öffentliche Förderungen auskommen wollen.
Die Stromerzeugung mit Wind wird salonfähig. In Zukunft soll zudem die Leistungsobergrenze von 15 Gigawatt aufgehoben werden. Das entspricht etwa 15 Atomkraftwerken. Was bleibt, ist noch die Frage der Verteilung und der Speicherung dieser gewaltigen Energiemengen.
Ringwallspeicher – Der Flachland-Pumpspeicher
Es gibt noch nicht viele Ansätze, die den Herausforderungen der Zukunft an die Energiespeicherfähigkeiten genügen. Pumpspeicherwerke haben immer den Nachteil, dass sie ganz einfach nicht überall einsetzbar sind. Zudem gibt es einfach nicht genügend Orte, an denen ein entsprechendes Gefälle vorliegt. Auf dem flachen Land könnte auf leichter Erhebung ein künstlicher See entstehen, den man mit Windenergie leergepumpt. Gibt es wieder Strombedarf, öffnen sich Schleusen mit integrierten Turbinen. Damit ließe sich neue Energie erzeugen.
Der deutsche Ingenieur Matthias Popp ist der Ansicht, dass 30 solcher Anlagen mit einer Betriebsfläche von 3.000 Quadratkilometer den Energiebedarf Deutschlands decken könnten. Bislang wurde die Technik jedoch noch nicht probiert. Lediglich Belgien plant es, eine vergleichbare Anlage auf dem Meer zu errichten.
Biomasse – Energie ist überall drin.
Ganz wissenschaftlich ist alles, was Pflanzen und wir an organischer Substanzen in der Natur übrig lassen, nichts anderes als gespeicherte Sonnenenergie. Nicht immer müssen wir dafür tief graben, wie wir es bei der Kohle tun. Moderne Anlagen wandeln zum Beispiel Gülle in ein besonders energiereiches Gas um. Das lässt sich dann verbrennen.
Das Verfahren ist keineswegs neu. In der Anwendung gibt es dennoch großartige Neuerungen. So regt man heute natürliche Prozesse wie die Zersetzung durch Mikroorganismen an. Ein weiterer Schritt, um die Energiegewinnung durch Biomasse nachhaltiger zu gestalten, ist die Wahl des Verbrennungsmaterials.
Der WWF zum Beispiel sagt dazu: “Biomasse ist als Energieträger der Zukunft nur dann sinnvoll, wenn sie weltweit ökologisch und sozial verträglich angebaut wird.” Als besonders umweltverträglich gelten dabei Biomassen, die ohnehin entsorgt werden müssen. Besonders großartig: Anlagen wie diese könnten auch Privathaushalte im Keller stehen haben.
Geothermie – Die Wärme aus der Erde.
Unser Planet speichert Wärme bereits seit Millionen von Jahren in der Erdkruste. Diese Energie lässt sich neben der Wärmeerzeugung auch für die Deckung unseres Strombedarfs nutzen. Mithilfe einer Bohrung in die Erde und dem Herablassen einer Sonde oder einem Netzwerk aus mehreren Röhren (“Kollektoren”) kann die Wärme nutzbar gemacht werden.
Bislang jedoch galt Deutschland wegen vergleichbar geringen Temperaturen im Erdinneren nicht als der erste Ort für Geothermie. Inzwischen gehen Experten dank neuartiger Turbinen aber davon aus, dass sich das Blatt nun wenden könnte. Sogenannte ORC und Kalina Kraftwerke sollen vor allem im Norddeutschen Becken im Molassebecken (Bayern) zunehmend für die Stromerzeugung sorgen.
Viele dieser Ansätze sind noch nicht ausgereift und könnten vielleicht niemals funktionieren. Eines Tages könnten ein Teil dieser Technologien aber dafür sorgen, dass wir weltweit genug umweltfreundlichen Ökostrom für alle erzeugen können.