Wer viel schläft, gilt als latent faul und steht unter Verdacht, sein volles Leistungspotential nicht auszuschöpfen. Das Gegenteil ist der Fall! Denn mit dem Schlaf steigt die Leistungsfähigkeit erst richtig. Wir zeigen dir, wie der viel verschmähte Kurzschlaf im Büro gelingt. Und zwar ohne vorwurfsvolle Blicke der Kollegen zu ernten.
Nicht viele Menschen dürften den Anforderungen genügen, die Weltraumfahrer erbringen müssen. Enorme Aufmerksamkeitsspannen, Stressresistenz und eine gewaltige Kreativität im Umgang mit nie vorher dagewesenen Problemen bringen die meisten Menschen an die Grenzen. Sie erfordern vor allem aber eines: Ausgeschlafenheit.
Aus diesem Grund hat die amerikanische Weltraumbehörde NASA eigens eine Studie beauftragt, die sich dem optimalen Schlaf während der Arbeitszeit widmet. Sie fanden zu dem Thema heraus: ein kurzes Nickerchen von nur 26 Minuten steigert die Leistungsfähigkeit eines Menschen um bis zu 34 Prozent.
Eine halbe Stunde Schlaf soll schon reichen
Und was könnte bei der Arbeit besser helfen, als eine ordentliche Portion Konzentration und Energie? Die amerikanische Forscherin Dr. Sara Mednick unterstreicht diesen Ansatz. Sie sagt, dass das Gehirn schneller übersättigt ist, als wir bislang meinten. Ein “Nap”, zu deutsch Kurzschlaf, in der Mitte des Tages dagegen könne nicht nur die Reizverarbeitung an sich verbessern, sondern auch die Lernfähigkeit ankurbeln.
Die beste Zeit fürs Powernapping ist eigentlich die Mittagszeit, vorausgesetzt natürlich, man ist dann schon ein paar Stunden lang wach. An dieser Stelle wird es aber schwierig, denn selbst wenn die Erkenntnis im Büro bekannt sein sollte, wird man sich immer noch schwer tun, den Schlaf offiziell durchzuwinken. Zu absurd gilt die Vorstellung, Mitarbeiter schlafend am Arbeitsplatz zu sehen. So verwundbar und vor allem: So faul sehen sie aus.
Unternehmen im Ausland überholen uns im Schlaf
Tatsächlich gibt es ausgerechnet in leistungsorientierten Gesellschaften wie US-Amerika und Japan durchaus bereits Unternehmen, die den Mittagsschlaf propagieren. Sie wollen sicherstellen, ausgeruhte Mitarbeiter zu haben und bieten in der Regel extra Räume mit kleinen Bettchen dafür an. Und das nicht nur bei hippen Unternehmen wie Google, die eine Art “Sleep Pod” mit speziellen Liegen und Geräuschabschirmung aufstellen. Selbst der alteingesessene IT-Hersteller IBM bietet eigene Ruheräume. „Wer das Bedürfnis nach einem Schläfchen verspürt, legt sich einfach hin.“ sagt deren Unternehmenssprecherin Susan Oroszco.
Ein altes deutsches Sprichwort behauptet, da draußen ist “kein größerer Dieb als der Schlaf: Er raubt uns das halbe Leben.” und spricht damit eine Leistungsmoral aus alten Tagen an, die noch immer in uns zu ruhen scheint. Laut Zahlen der Krankenkasse DAK aus Schleswig-Holstein leiden etwa 80 Prozent der deutschen Erwerbstätigen dennoch unter Schlafstörungen. Ein Erwachsener benötigt eigentlich zwischen sieben und neun Stunden Schlaf. Angeblich kommen viele aber eher auf sechs. Das führt zu Erschöpfung, Stress, Burnout und Krankheitstagen.
Powernapping leicht gemacht
Der Schlafforscher Jürgen Zulley behauptet, er kenne Manager, die Mittags gerne wichtige Telefonate führen, “hinter verschlossenen Türen” wie sie sagten. Offenbar ist der Powernap hierzulande also lediglich eine Frage der Kreativität. Es wird Zeit, dass du dir den wohlverdienten Nickerchen also selbst in die Hand nimmst! Hol dir die Power zurück, um deinen Akku wieder aufzuladen.
1. Der konzentrierte Excel-Studierende
Niemand möchte bei diesem Trend den Anfang machen. Schließlich will keiner im Unternehmen als “der Schläfer” bekannt werden. Wer dagegen stets fleißig aussieht und trotzdem immer hellwach ist, steht schnell als Gewinner da. Dennoch ist die Wirkung des energie spendenden und effizienzsteigernden Mittagsschlafs bewiesen. Daher muss jemand den Anfang machen.
So bringst du beides unter einen Hut oder die Schlafmütze: Öffne eine möglichst komplizierte Excel-Tabelle oder eine Studie mit vielen Kennzahlen am Computer und setze deinen Ellbogen auf dem Schreibtisch ab. Nun bewegst du deinen Oberkörper ganz leicht über den Schreibtisch Richtung Monitor und stützt den Kopf dann auf deiner bereitstehenden Hand ab. Die Augen kannst du nun schließen. Etwa 20-30 Minuten später kommst du gut “vorbereitet” in die Besprechung.
2. Der Auto-Trick
Irgendwas ist immer: Ein wichtiger Kundentermin beim Italiener um die Ecke oder das Abholen von Lotta aus der Kita und schon kannst du das Büro ohne jeden bösen Verdacht zur Mittagspause verlassen. Draußen warten aber weder Lotta noch der Kundentermin auf dich.
Dein Auto ist in sicherer Entfernung geparkt und mit der richtigen Sitzeinstellung schnell in eine kleine Powernapping-Zentrale umgebaut. Das Beste: Du kannst sogar Entspannungsmusik laufen lassen oder dich von einem Businesstipp-Podcast ganz sanft zum Einschlafen motivieren lassen.So verwandelst du die Mittagspause in einen Mittagsschlaf, ohne dass jemand es bemerkt.
3. Der Über-Sportler
Nichts dürfte den Chef mehr beeindrucken als deine neuerliche Behauptung, das Mittagessen sei für dich “verschwendete Zeit”, die du lieber mit einem leistungssteigernden Rennen ums Gewerbegebiet verbringst. Stattdessen legst du dich im Park ganz einfach hinter den nächstbesten Busch und döst ein wenig. Zurück ins Büro legst du dann einen derartigen Sprint hin, dass du bei der Personalabteilung den Antrag auf den Bau einer Mitarbeiterdusche für hochmotivierte Leistungskanonen wie dich einreichen kannst.
Neben dem außenwirksamen Effekt für deine offenbar grenzenlose Power kannst du deinen geheimen Mittagsschlaf später durch ein zweites Morgenritual, mit einem Kaffee etwa, abschließen. So wird aus einem Tag praktisch ein zweiter, und womöglich verdoppeln sich sogar deine Ergebnisse.
In jedem Fall wird der Chef wohl große Augen machen, wenn du ihm eines Tages dann dein Geheimnis verrätst. Wahrscheinlich wird dieser die Gelegenheit nutzen, um seinerseits zuzugeben, dass auch die allzu oft vorkommenden “wichtigen Meetings” hinter verschlossenen Türen zu jeder Mittagszeit nichts anderes als kleine Schlafpausen darstellen.
Wie gesund ist ein kurzes Nickerchen zur Mittagszeit?
10 bis 30 Minuten
Erhöht die Aufmerksamkeit und Leistung um bis zu 34 Prozent (Quelle: NASA). Die eher kurze Schlafzeit verhindert in der Regel den Eintritt in den Tiefschlaf, so daß man am Ende schneller wieder hellwach wird. Das Nickerchen sollte dafür nicht länger dauern.
60 Minuten
Dieser Schlaf erhöht die Lernfähigkeit und verbessert nachweislich das Erinnerungsvermögen. Der Nachteil hier ist, dass man unter Umständen nach dem Aufwachen ein wenig angeschlagen sein könnte.
90 Minuten
Wer so lange schläft ,erhöht die Wahrscheinlichkeit, in die Tiefschlafphase vorzudringen und kann Träumen. Dieser Schlaf erhöht die emotionale Intelligenz und die Kreativität und verringert das Auftreten des Benommenheitsgefühls nach dem Aufwachen bereits wieder.
Unsere sicherlich etwas überspitzten Powernapping-Tipps machen deutlich: Das Versteckspiel bringt niemandem etwas. Ein großer Fortschritt für die Effizienz in unseren Büros wäre wohl, wenn es endlich vernünftige Orte zum Ausruhen und Energie tanken gäbe.
Kleine Ruhezonen, für deren Besuch sich niemand mehr schämen muss. Mit großer Sicherheit haben Google und die NASA bei diesem Thema nämlich recht: Unsere Gesundheit, unsere Power würde von einem kleinen Mittagsschlaf profitieren.
Und wenn alle Stricke reissen, vielleicht hilft ja diese Brille!